Sprach-Garderobe: ein Beispiel
… und besser schreiben poliert das Image
Wenn die Kleider den Charakter eines Menschen widerspiegeln, dann strahlt dieser natürliche Autorität aus. Er oder sie wirkt sympathisch und stellt „etwas“ dar. Seine besten Seiten nämlich.
Genau so ist es mit der Sprache, die ein Unternehmen nutzt: in Briefen, Produktbeschreibungen und Gebrauchsanweisungen, auf seiner Website und in den Sozialen Medien. Besser schreiben unterstreicht die Stärken. Schlechter schreiben verwässert sie.
Die richtige Sprache finden
Doch wie können Sie die richtige Sprache finden für Ihr Unternehmen? Nun, es gibt allgemeine Regeln für besseres Schreiben: Sätze kürzen, Substantive durch Verben ersetzen, Aktiv- statt Passivkonstruktionen verwenden, Floskeln vermeiden, schreiben als würde man sprechen etc.
Noch viel interessanter ist es, wenn Sie sich eine Garderobe zusammenstellen, in die Sie Ihre Botschaften künftig kleiden.
Das bedeutet, dass Sie mal in einer ruhigen Minute Redewendungen, Sprichwörter und Begriffe sammeln – einfach alles, was Ihnen zum Produkt des Unternehmens einfällt. Sie zusammen ergeben die Garderobe mit passenden „Sprachstücken“, aus der Sie immer wieder schöpfen können, um einen ansprechenden Text zu schreiben.
Sie lieben es funktional?
Bei vielen Unternehmen bietet sich sprachliche Funktionskleidung an: Die Sprach-Garderobe ist klar ausgerichtet auf den Unternehmenszweck bzw. die Produkte, die man verkauft.
Beispiel gefällig? Bei einem Blumenladen können Sie besser schreiben, wenn Sie rund um die Floristik texten, so wie in dieser Publireportage.
Bei einem Elektriker geht es um Strom. Also um Urgewalten wie Blitz und Donner, Wind, Wassermassen – und deren Beherrschung durch den Menschen, i.e. durch den Elektriker. Hier bieten sich zum Beispiel folgende Redewendungen an:
- Unter Strom stehen (um die beste Leistung für Sie zu bringen)
- Den Hebel umlegen (damit die Haustechnik wieder funktioniert)
- Gegen den Strom schwimmen (und jedes Problem lösen)
- Himmel und Hölle in Bewegung setzen
Und so weiter, je nach Positionierung des Unternehmens.
Andere lieben es avantgardistisch
Aber was tun, wenn das Produkt keinen schönen Sprachbilder hergibt? Oder wenn die Konkurrenz die „Funktionskleidung“ schon für sich nutzt? Dann dürfen Sie so richtig kreativ werden!
Das Tastenchamäleon hat mich neulich auf ein Start-up aufmerksam gemacht, das seine Produkte sprachlich ganz unverwechselbar einkleidet. Es geht um … Nylonstrumpfhosen. Ja, genau. Mit Nylons kann das Tastenchamäleon persönlich nun überhaupt nichts anfangen. Es hält sie für überflüssigen Schnickschnack. Frisst nur Aufmerksamkeit, Zeit und Geld, die man lieber anderweitig verwenden sollte.
Aaaaaber … von den Texten auf der Website war das Tastenchamäleon ganz begeistert. „Hast du das gesehen?“, zischelte es aufgeregt. „Wie da durch die Wortwahl eine ganze Welt entsteht? Nicht meine, definitiv nicht meine Welt. Aber doch sehr anregend! Diese Konsequenz …“, und es verstummte, tief versenkt in den untersten Absatz der letzten Seite. (So spannend waren die Texte!)
Hier nun eine Analyse der Unternehmenssprache von „Hedoïne. Strumpfhosen, aber besser.“.
Sprach-Garderobe: ein Beispiel
Sprache ist kein Selbstzweck. Sie setzt die Positionierung eines Unternehmens um. Die Positionierung der Nylons lässt sich rekonstruieren wie folgt: Erstens: Nylonstrümpfe sind der Schlips der Frau – Statussymbol und unerlässliches Attribut für die berufliche Karriere.
Zweitens, Problem: Dummerweise dient dieses Statussymbol nicht einfach still und bescheiden wie eine Krawatte. Vielmehr demütigen Nylons ihre Trägerin, indem sie sie zu peinlicher Vorsicht zwingen. Eine raue Fingerkuppe, ein gerissener Nagel, einmal in Strümpfen über Dielen gelaufen oder mit der Wade die Blumendeko in der Lobby touchiert, und schon ist sie da: die Laufmasche. Sie erzwingt sofortiges Handeln. Egal, ob das nächste Meeting mit dem Chef oder das Taxi zum Kunden wartet.
Das Produkt bietet drittens eine Lösung für dieses Dilemma: Mit den Nylons von Hedoïne ist damit Schluss. Mit diesen Nylons steht frau über allem, denn sie sind laufmaschenresistent. Das ist die Positionierung: „Strumpfhosen, aber besser.“
Wer findet sich in dieser Positionierung wieder? Klar: selbstbewusste, zielstrebige, gut ausgebildete und karriereinteressierte Frauen in der vorderen Mitte ihres Berufslebens.
Jeder Satz in diesem Text von Hedoïne Textbeispiel lässt die (Wunsch-)Welt dieser Frauen im Kopf der Leserin entstehen. Das Tastenchamäleon hat die Sprachstücke zusammengestellt, die die zentralen Aspekte der Positionierung sprachlich auskleiden:
- Wir sind wichtig (und ihr, liebe Kundinnen, seid es auch): an erster Stelle – zelebrieren – den Kuchen haben und essen – Welt um uns herum – bestmögliche – aussergewöhnliche Frauen – Temperamente – direkt klicken – sie sind selten – betrat … die Welt – ihnen widmen – und alles andere dazwischen.
- Wir sind stark (und ihr, liebe Kundinnen, seid es auch): Heldinnen – stark, mutig, feminin, badass (spanisch für: knallhart, krass) – bekennende – arbeiten hart – hohe Erwartungen – wir sehen Dinge, die nicht funktionieren, und fixen sie – entwickeln, erfinden, testen und testen noch mehr – bestmögliche – starke, kühne Highflyer – die Witzigen, die Intelligenten, Energischen und Unkonventionellen – eine Marke zu kreieren.
- Wir geniessen das Leben (und ihr auch, liebe Kundinnen): hedonistisch – bekennend – feiern ausgelassen – liegen in Hängematten mit Wein und gutem Buch – hedonistische Heldinnen – Kreation von Fashion Essentials – höchste Qualität.
Die richtige Sprache für Ihr Unternehmen
Sie verkaufen keine Nylons. Und schon gar nicht an „überkandidelte Karrierefrauchen“? Aber: In welche Sprache kleiden Sie Ihr Produkt? Welche Welt entsteht im Kopf Ihrer Kundinnen? Wollen Sie besser schreiben? Das Tastenchamäleon hilft Ihnen gerne bei der Auswahl der passenden Sprach-Garderobe. Schreiben Sie uns!
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